Thema
Fahrtkosten im Zusammenhang mit einer therapeutischen Behandlung als außergewöhnliche Belastung
Besucht ein Patient im Rahmen einer therapeutischen Behandlung nahe Angehörige, können Aufwendungen für diese Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein. Voraussetzung ist, dass diese Besuche medizinisch notwendig sind. Der folgende vom Bundesfinanzhof entschiedene Fall macht dies deutlich:
Eine in verhaltenstherapeutischer Behandlung befindliche Patientin war in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden. Im Rahmen der langwierigen Behandlung fuhr sie mehrfach zu ihrem weit entfernt wohnenden, lebensbedrohlich erkrankten Vater. Die Fahrten sollten allein dem Zweck dienen, die Erlebnisse aus der Kindheit gemeinsam mit dem Vater aufzuarbeiten. Der behandelnde Arzt hatte die Notwendigkeit bescheinigt. Die durchgeführten Fahrten beliefen sich auf etwa 25.000 km. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Fahrten ab, weil die medizinische Notwendigkeit nicht durch ein zuvor erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen werden konnte.
Unter Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung stellte das Gericht zunächst fest, dass ein amts- oder vertrauensärztliches Attest nicht mehr zwingend erforderlich ist. Zudem wurde weitergehend die Notwendigkeit der geltend gemachten Fahrtkosten bestätigt. Nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung führt zu abzugsfähigen Kosten, sondern vielmehr jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend notwendig erscheint.
Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber verschärfte Nachweisanforderungen für den Abzug von Krankheitskosten eingeführt. Diese Regelung soll rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle gelten.